Endlich ein Schluss-Strich? Vor 375 Jahren wurde ein Friedensvertrag geschlossen

Gestern, am 24. Oktober, vor 375 Jahren wurde der für mehrere Jahrhunderte maßgebliche Frieden von Münster und Osnabrück ratifiziert, der vordergründig den langen, 30 Jahre dauernden Krieg (1618–1648) zu einem Ende brachte. Was mit dem Fenstersturz von Prag (1618) seinen augenfälligen Ausbruch betraf, muss man die Ursachen in der nicht legal geklärten Zuständigkeit der Politik zwischen Zentralmacht, Kurfürsten und Lokalmächten suchen. Es war ein verheerender Krieg, der nicht nur Deutschland, sondern auch seine benachbarten Randregionen betraf, entvölkerte, behinderte und zurückwarf. Er war somit wohl einer der ersten „Weltkriege der modernen Zeit“, aber nicht der letzte.

Die Kriegsverläufe waren verwirrend, kompliziert, wechselnde Bündnisse – auch über die Konfessionsgrenzen hinweg – waren an der Tagesordnung. Aber endlich war man am Anfang der 1640er Jahre zu der Erkenntnis gelangt, dass ein Ende des Mordens und Zerstörens kommen müsse. Die Verhandlungen – der Krieg wurde nicht unterbrochen – begannen 1643 in Münster und Osnabrück – getrennt nach den beteiligten Mächten. Boten und Gesandtschaften wurden in die beiden Städte aus den Territorien geschickt und diese auch wieder empfangen, Weisungen an die Gesandtschaften formuliert, damit nur niemand Gesicht, Macht und Gewinn verlieren müsste. Im Mai und im Oktober 1648 war es endlich soweit, der Friedensschluss konnte unterzeichnet und verkündet werden.

Eines der Friedens-Flugblätter, die mit dem Westfälischen Frieden für reiche Überlieferung sorgten. Quelle: Wikimedia
Der am 25. Oktober 1648 losgeschickte Reiter bringt die gute Nachricht ins Reich. Quelle: Wikimedia

Mit dem Friedensschluss in den westfälischen Städten Osnabrück und Münster herrschte nicht sofort, uneingeschränkt und dauerhaft Frieden. Vielmehr setzten sich die unmittelbaren Kriegshandlungen in weitaus geringerem Umfang bis 1650/51 fort, bis die am Krieg beteiligten Mächten ihre Truppen abgerüstet, nach Hause geholt und aus den Diensten entlassen hatten. Plötzlich waren tausende Menschen ohne Arbeit, Ziel und Aufgabe. Was sie jahrelang, teilweise Jahrzehnte lang gelernt und verfolgt hatten, war plötzlich nichts mehr wert. Niemand hatte Interesse an ihren „Künsten“ und Fertigkeiten, sodass sie ihr tägliches Brot auf andere Art und Weise verdienen mussten.

Gerard Terbrochs Gemälde der verhandelnden Stände zeigt die spanischen und niederländischen Gesandtschaften beim Eid auf den Frieden am 15. Mai 1648 im Rathaussaal in Münster. Quelle: Wikimedia

Frieden war greifbar, doch Frieden gab es in den nächsten Jahren nicht. Schon in den nachfolgenden Jahren gab der französische König nicht klein bei und bestand auf der Ausdehnung und Sicherung seines Königtums bis zum Rhein. Die gravierenden Zerstörungen und Heimsuchungen, die seine Truppen bis zum Ende des Jahrhunderts im Zentrum Europas verursachten, waren nichts weniger als die Verheerungen, die 30 Jahre zuvor schon das Reich tragen – der Unterschied war eben nur die regionale Betroffenheit im linksrheinischen Gebiet zwischen Basel und Koblenz.

Das Gemälde „Verkündung des Westfälischen Friedens von der Rathaustreppe zu Osnabrück am 25. Oktober 1648“. Quelle: Wikimedia

Andere Mächte wie die Niederlande (gegen Spanien), Osmanen gegen Österreich-Ungarn, die renitenten Schweizer Bündner (die mit dem Frieden aus dem Reichsverband ausscheiden konnten), die italienischen Aufständischen gegen Papst und Fürsten sorgten in ihren Einflussgebieten für ähnliche Auswirkungen und Folgen. Es waren wie die französischen Aktionen jedoch nur lokale Beben, die Folgen waren aber noch im 19. Jahrhundert dann begreifbar im zerstückelten Territorien-Teppich, mit dem das Heilige Römische Reich Deutscher Nation 1806 Schluss machte, ohne die Ursachen und Folgen dieser Stückelungen überwinden zu können. Ob das allerdings dann im Verlauf des 19. Jahrhunderts gelungen war, darf – auch hinsichtlich der Ereignisse im 20. und bislang kurzen 21. Jahrhundert – bezweifelt werden. Schon Napoleons Kriegszüge hatten die Schwächen dieses völkerrechtlich bindenden Konstrukts aufgezeigt.

Der Friedenssaal im Münsteraner Rathaus, in dem der Friedensvertrag – wohl ohne Eidhandlung – unterzeichnet wurde. Quelle: Wikimedia

Dennoch war der Friedensschluss von Münster und Osnabrück wichtig, stellte er doch die Verantwortlichkeiten der maßgeblichen Akteure in Deutschland auf ein rechtssicheres Fundament. Das hätte auch gelingen können, wenn die Akteure dieses schon damals erfasst, begriffen und umgesetzt hätten.

Quellen- und Literaturhinweise

Die betreffenden Quellen sind im Wikipedia-Artikel zum Westfälischen Frieden verzeichnet und wie die Transkription des Friedensvertrages dort leicht auffindbar. Außerdem sind die entsprechenden Web-Präsenzen der westfälischen Städte Münster und Osnabrück empfehlenswert, da sie (natürlich) auf dieses epochemachende Ereignis, das sich in ihren Städten zugetragen hatte, aufmerksam machen. Dazu, als Beispiel für viele andere, ist die NDR-Seite zum Friedensschluss zu nennen.

Jörn Kobes
Historiker, Verleger, Designer, Vater, Schiedsrichter